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Verhalten und Körper?

Was hat Verhalten mit dem Körper zu tun?

Unser Verhalten wird durch biologische Prozesse im Körper gesteuert.

Das Gehirn spielt dabei eine Schlüsselrolle bei der Regulation von Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen.

Das Gehirn bekommt verschiedene Informationen von den Sinnesorganen. Diese Sinnesorgane nehmen Reize aus der Umgebung oder dem Körper selbst auf und leiten es ins Gehirn weiter.

 

Das Gehirn interpretiert diese Informationen. Zuerst wird überprüft, ob eine Gefahr besteht oder nicht. Sollte eine Gefahr erkannt werden, wird automatisch ein „Überlebensprogramm“ gestartet. Wenn nicht, dann werden die Information weiter verarbeitet. Die Informationen werden überprüft, geordnet und verglichen. Es wird ein passender Hormoncocktail erstellt, eine Reaktion geplant und schließlich durchgeführt. Das passiert natürlich alles im Bruchteil einer Sekunde.

 

Bekommt das Gehirn allerdings ungenaue, unterschiedliche oder widersprechende Informationen, ist die Interpretation der Informationen schwierig. Eine große Rolle spielt dabei unser Körper selbst.

 

Vor allem bei einer körperlichen Asymmetrie können widersprechende Information ins Gehirn gelangen. Eine Körperasymmetrie kann zu Ungleichgewichten in der Muskelstärke und Flexibilität führen. Dies kann das Gleichgewichtsgefühl beeinträchtigen. Eine ungleichmäßige Haltung kann dafür sorgen, dass der Körper auch nicht optimal funktioniert. Bewegungskoordination, Gleichgewicht und Aufmerksamkeit können beeinträchtigt sein.

 

Eine Ursache - unterschiedliche Verhaltensmuster

 

Die zusammengeführten Informationen des Körpers, Sehens und Hörens können durcheinander und/oder nicht passend sein. Das Gehirn ist bestrebt das auszugleichen. Ein körperliches Ungleichgewicht wird oft durch Bewegung kompensiert. Das Sitzen fällt schwer. Eine schiefe, gebeugte oder andere Sitzhaltung wird gewählt, um dennoch zumindest eine kurze Zeit genug Körperspannung und damit Haltung einnehmen zu können. Dies führt aber häufig zu Fehlhaltungen und verstärken noch dazu die Asymmetrie.

Auch Schaukeln mit dem Sessel oder immer wieder aufstehen müssen, können Folgen sein.

 

Gleichzeitig können die vielen unterschiedlichen und ungenauen Informationen auch bedeuten, dass mögliche „Gefahren“ nicht rechtzeitig erkannt werden könnten. Das Gehirn kann sich dadurch auch ständig im Alarmmodus befinden. Unruhe, Angst, Wut oder Aggression können dadurch entstehen.

Kinder wissen unbewusst über ihre Defizite Bescheid. Manche überspielen das und werden zum Klassenkasper. Andere ziehen sich eher zurück und/oder sind sehr vorsichtig. 

 

Neben der Asymmetrie spielen andere Körperempfindungen genauso eine wichtige Rolle. Manche Kinder sind stark überempfindlich oder unterempfindlich gegenüber Berührungen, Druck, Vibrationen, Temperatur und Schmerz. Bei Unterempfindlichkeit fehlt „das Gespür“ dosiert zu handeln. Sie sind meist gröber und ruppiger. Kinder, die überempfindlich sind, haben oft ein geringeres Selbstwertgefühl, weinen häufiger und es wird ihnen nachgesagt, dass sie „feinfühlige Antennen“ haben und jede Veränderung merken.

 

Der erste Ansatz bei einer Körperasymmetrie ist unter anderem die Osteopathie. Es geht darum, dass die Muskeln, Fasern und Sehnen wieder ausgeglichen und Blockaden gelöst werden. In weiterer Folge können dann Körperübungen, wie unter anderem aus der sensorischen Integration oder der Rota-Therapie nützlich sein. 

Bei einer Über- oder Unterempfindlichkeit gibt es genauso interessante Ansätze, wie spezielle Massagen.

 

Eines ist sicher: Ohne den Alltag geht es nicht. Nicht nur therapeutisch sollte begleitet werden. Unter anderem sollte auch die Sitzhaltung beim Lesen, Schreiben aber auch von anderen Aktivitäten im Sitzen mit passenden Möglichkeiten unterstützt werden. Ermahnen: „Sitz ordentlich!“ ist bei Kindern mit einer Asymmetrie nicht zielführend. Mit der richtigen Sitzgelegenheit und Polstern kann eine bequeme und richtige Sitzhaltung hergestellt werden. 

 

Bestimmte Sportarten, wie Klettern, Radfahren oder Reiten können ebenfalls hilfreich sein.

 

Alleine ein Verhaltenstraining, Psychotherapie oder Coaching ist nicht sinnvoll, wenn die Ursache körperlicher Natur ist. Oft kann sich schon durch den richtigen körperlichen Ausgleich ein anderes Verhalten entwickeln!

 

Wenn Sie Interesse an mehr Informationen haben, finden Sie diese unter anderem in den Büchern

Rotation - Nahrung für das Gehirn, Doris Bartel, 2016

Flügel und Wurzeln, Dorothea Beigel, 2023