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Braucht ein Kind mit AVWS ein Hörgerät?

Ein klares Nein mit ein wenig Vielleicht! Ich höre und lese immer wieder, dass ein Kind mit AVWS ein Hörgerät brauche. Das ist allerdings eine sehr schwerwiegende und auch zugleich eine gefährliche allgemeine Empfehlung, denn es ist nur bei einer sehr stark ausgeprägten AVWS überlegenswert. Doch dann ist es nicht mehr alleine eine AVWS.

 

Die AVWS bedeutet (A)uditive (V)erarbeitungs- und (W)ahrnehmungs(s)törung. Es zählt laut ICD-10 zu den „Umschriebenen Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache“.

 

Kurz geschrieben: Der klassische Verlauf ist, dass zum Beispiel Kinder schon in der Frühen Entwicklungsphase häufig Krankheitsgeschehen im HNO-Bereich gehabt haben. Es können Mittelohrentzündungen (auch schmerzfrei) oder „nur“ verstopfte Ohren (Cerumen) sein, die die Entwicklung des auditiven Teils des Gehirns bremsen und zu wenig ausreifen lassen. Folgeerscheinungen können auch Sprachentwicklungsverzögerungen sein. Die häufigste Empfehlung einer/s HNO-Ärzt:in ist zuerst Logopädie. Der Erfolg kann kommen, muss aber nicht.

 

Ein genauer und differenzierter diagnostischer Blick lohnt sich! Die Diagnose AVWS sollte medizinisch, psychologisch und pädagogisch erfolgen. Medizinisch muss sicher gestellt werden, dass das Organ Ohr in Ordnung ist. Wenn ja, dann muss die Wahrnehmung überprüft werden. Sind mehrere auditive Teilleistungen betroffen, so kann von einer klassischen AVWS gesprochen werden. Es gibt verschiedene Ausprägungen. Je nach betroffenen Teilleistungen, sind pädagogische Maßnahmen und/oder bestimmte Wahrnehmungstrainings erforderlich. Auch muss eventuell am Verhalten gearbeitet werden. Wichtig wäre, den Kindern das öftere Nachfragen znicht zu verbieten sondern eher zu fördern.

 

Nicht selten gibt es aber auch wichtig medizinische Indikatoren. Allergien können unter anderem im HNO-Bereich entzündliche Prozesse auslösen und somit den Weitertransport von akustischen Signalen hemmen. Das Gehirn  bekommt so zu wenig Input.Das kann eine AVWS bedingen.  Die Allergien müssen also vorrangig behandelt werden. Diese Problematik muss nicht unbedingt bei einer standardmäßigen Untersuchung des/der HNO-Ärzt:in sofort erkannt werden.

 

Wann ist allerdings ein Hörgerät notwenig?

 

Wenn organische Probleme vorliegen und die Weiterleitung dadurch nicht gelingt, dann ist ein Hörgerät notwendig. Das hat allerdings nichts mit einer klassischen AVWS zu tun. Die AVWS wird dann zur Begleiterscheinung. Kinder mit nur einer AVWS sind nicht „schwerhörig“.   Im Regelfall hören sie medizinisch gut. Doch die Verarbeitung im Gehirn ist das Problem.

 

Es wird dennoch immer wieder von speziellen Hörgeräten gesprochen, die den Störschall filtern können und dadurch den Kindern Erleichterung bringen können. Das Anpassen eines solchen Geräts erfordert spezielles Wissen. Nur speziell ausgebildete Hörakustiker:innen oder Pädaudiolog:innen sollten diesbezüglich zur Rate gezogen werden.

 

Es gibt allerdings auch spezielle Geräte für das Klassenzimmer. Das Kind hat etwas Hörgeräteähnliches im Ohr, wodurch die Stimme des Lehrers/der Lehrerin direkt eingespielt wird. Die Lehrerin/Der Lehrer hat ein kleines Mikrofon anstecken. Dies empfehle ich bei Bedarf.

 

Es gibt verschiedene Methoden. Für mich gilt: Was hilft und wie dem Kind geholfen werden kann, ist sehr individuell.